# 510: Losgelassen

Silke Schmidt
7 min readJan 9, 2024

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Erstellt mit Bing Image Creator

Heute Morgen fand ich die lange Voice Message einer sehr guten Freundin in meiner WhatsApp Inbox. Sie reflektierte über etwas, das ich gestern geteilt hatte. Im Zentrum stand der Gedanke des „Loslassens“. Das hatte sie bewegt. Und als sie da so sprach und ich draußen durch das Fenster das orangene Morgenlicht an diesem sehr kalten Januarmorgen erblickte, da wurde mir klar, was „mein Thema“ ist. Ich rief auf dem Handy meine eigene Suchmaschine für meine Blogeinträge auf und gab die Suchwörter „letting go“ und „loslassen“ ein. Es erschienen in beiden Sprachen jeweils 8 und 10 Einträge. Wenn man an eine allgemeine Google-Suche im Netz denkt, dann sind 10 Einträge nichts. Aber hier geht es um meine eigenen Beiträge, von denen es zumindest jetzt schon über 500 gibt. Und wenn dann dieses Schlagwort schon so oft zu finden ist in einer verhältnismäßig kleinen Textsammlung (wobei ich dafür garantiere, dass das Thema in anderen Worten umschrieben in noch vielen weiteren steckt), dann zeigt das was.

Es zeigt, dass gerade binnen des letzten Jahres, LOSLASSEN zu meinem zentralen Anker geworden ist. Das klingt paradox, ist es aber nicht. Ein Anker hält ein Schiff „fest“. Und er dient uns Menschen im übertragenen Sinne als Halt. Für mich wurde das Loslassen zu diesem Halt. Denn nur diese zentrale Fähigkeit hat mein Leben in gewisser Weise gerettet und mich voran gebracht — man könnte auch sagen — geheilt. Ich habe im letzten Jahr mehr Dinge und Menschen losgelassen, als ich mir je hätte vorstellen können. Und ich dachte in diesem Prozess, dass ich das Loslassen davor überhaupt noch nie „beherrscht“ hätte. Es kam mir bei all dem seelischen und materiellen Müll, den ich wegwarf, so vor, als hätte ich mein Leben lang nur gesammelt wie ein Eichhörnchen und nie etwas weggeworfen. Doch jetzt im Rückblick ist mir eine witzige Erkenntnis gekommen: Das stimmt nicht. Auch mit dieser Selbstbewertung des Nicht-Loslassen-Könnens ging noch eine Abwertung einher. Denn in Wahrheit hatte ich vorher durchaus schon immer viel losgelassen. Nur waren es andere Dinge. Ich erinnere noch die Worte einer anderen lieben Vertrauten von vor einigen Wochen: „Ich kenne niemanden, der sich so schnell und tief in Themen eingraben kann wie Du und sie dann auch wieder loslässt.“ Dieses Nachsinnen brachte sie zu dem Bild des Kolibris, der dann meinen Eintrag „Liebe sagen“ schmückte.

Bei all diesen morgendlichen Gedanken nun wurde mir klar, dass das Loslassen zu meinem THEMA geworden ist. Dabei geht es nicht einmal um „Können oder Nicht-Können“, um Loslassen als Fähigkeit oder Unfähigkeit. All diese Wertungen interessieren mich in diesem Moment gar nicht. Es zählt einzig und allein, dass sich alles Glück zumindest in meiner Lebenserfahrung um das Loslassen dreht. Es hat mir den entscheidenden Durchbruch gebracht. Und vor allen Dingen, und darauf will ich hier hinaus, wenn ich überhaupt auf etwas hinaus „will“ — dann bedeutet GLAUBEN los zu lassen. Wer wirklich glaubt (egal an welchen Gott), der lässt alles andere los; bis hin zu sich selbst. Auf meinem Arm ist das Wort Matthäus auf Arabisch tätowiert. Die Geschichte dahinter ist einfach. Ein Vers aus Mt 10 hat mich schlussendlich zur Taufe bewogen. Das war rückblickend noch eine frühe Phase meines Glaubensweges. Aber darin steht: „… wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen“ (Mt 10, 39). Ich wusste, als ich das las, dass das wahr ist. Ich glaube daran, dass wir uns erst komplett verlieren und aufgeben müssen, um neu zu werden und das zu leben, was wirklich in uns steckt. Dieser Kern ist da. Den können wir nicht verlieren. Aber wir müssen bereit sein, alle falschen Vorstellungen von uns selbst auf zu geben, um diesen Kern selbst zu sehen und zu lieben. Das ist ein langer Prozess, aber er geht, so behaupte ich, nicht ohne Gottvertrauen. Damit muss nicht der christliche Glaube gemeint sein, aber es geht um ein Urvertrauen, das auf eine Kraft setzt, die nicht rational verstehbar ist. Und wenn wir in die Weltreligionen schauen, dann finden wir dieses verbindende Element des Loslassens in unterschiedlichen Ausprägungen und Begriffen. Allen gemeinsam ist, dass sie den Menschen zum Glück und damit zur Liebe bringen.

Als diese Gedanken durch meinen Kopf gingen heute Morgen, beschloss ich, all die Dinge, die ich im letzten Jahr losgelassen habe, hier aufzulisten. Ich weiß nicht, warum ich das tue und wem das was bringt. Es geht mir nicht um einen Wettbewerb des Loslassens. Aber wie das Aussprechen ist das Aufschreiben ja auch eine Form der Bewusstwerdung, die in sich Kraft entfaltet. Ich weiß also in diesem Moment noch nicht, was mit mir passiert, wenn ich die Liste nun tippe. Und ich werde das auch offen lassen. Aber ich wünsche jedem/r, der/die das liest, dass sie/er darin Mut findet, sich auf die Reise zu machen oder den bereits begonnenen Weg des Loslassens weiter zu gehen. Ich kann nur sagen:

„Du kannst nichts verlieren.

Hab keine Angst.

Sei bereit, ALLES los zu lassen, wovon Du in diesem Moment denkst, Du könntest es nicht.

Probiere es.

Vertraue.

Es wird nichts geschehen,

jedenfalls nichts Schlechtes.

Ja, es tut weh.

Aber nur im ersten Moment.

Du musst diesen Schmerz fühlen,

um weiter zu leben,

um glücklich zu leben,

und frei.

Mach es.

Und dann halte inne.

Atme frei.

Lasse kommen.

Die Dinge, die wirklich zu Dir gehören und in Dir sind,

die kannst Du nicht verlieren.

Es geht nicht.

Gott und die Welt sind so programmiert,

dass das nicht geht.

Kein Mensch kann hieran etwas ändern,

mit seiner Kontrolle,

mit seinen Plänen.

Du denkst es nur.

Es ist eine Illusion.

Alles, von dem Du denkst, Du kannst ohne es oder ihn oder sie nicht leben,

ist nur ein Gedanke.

Du kannst Gedanken in jeder Sekunde loslassen.

Es geht.

Es fühlt sich leicht an.

Es braucht ein bisschen Übung.

Und dann erst,

wenn fast nichts mehr übrig ist,

als Dein Herzschlag und Deine Liebe,

dann kommt das Universum in Bewegung.

Es schenkt Dir viel Neues.

Es schenkt Dir aber auch einiges,

was Du vorher losgelassen hattest.

Das ist das Zeichen,

dass diese Dinge nie wirklich weg waren.

Du warst aber bereit,

sie gehen zu lassen.

Und dieser Schritt war nötig,

um Dich näher zu dem zu bringen,

was man „Ich“ nennt,

und was Gott meint.

LOSGELASSEN 2023

Möbelstücke

Werkzeug

Küchengegenstände

Stiftesammlung

Visitenkarten

Auto

Eingefrorenes Essen

Klamotten

Gürtel

Schuhe

Tücher

Kleidungsstil

Dateien auf dem Computer

Laptop

Alte Elektronik

Bücher

Akten

Forschungsarbeiten

Ordner vom Studium

Schmuck

Makeup im Gesicht

Kaugummikauen

Rauchen

Universität

Emailaccounts

Titel

Ziel, Pfarrer zu werden

Ziel, Unternehmerin zu sein

Ziel, Künstlerin zu sein

Ziel, Ziele haben zu müssen

Schmerz in der Hüfte

Lucky das Pferd

Erste Frau, die ich geliebt habe

Idee, jemanden lieben zu müssen, um glücklich zu sein

Destruktive Glaubenssätze (insgesamt 83!!!)

Reiseziele

Länder, von denen ich dachte, sie gehören zu mir

Reiserituale

Auslandsaufenthalte

Sportsucht

Freunde

Bekannte

Nachbarn

Essgewohnheiten

Trinkgewohnheiten

Ehrenämter

Vereinsmitgliedschaften

Mitgliedschaft in Fachverbänden

Abos

Mentoren

Konflikte

Schmerzhafte Gespräche

Schmerzhafte Erfahrungen

Meinen verstorbenen Vater

Familienmitglieder

Bereits geschriebene Bücher

Briefe

Postkarten

Kuscheltiere

Gartenmöbel

Souvenirs

Geld

Aktien

Brillen

Pflanzen

Handtücher

Weihnachtsdeko

Plätzchenversandt zu Weihnachten

Kolleg/innen

Worte

Flaschen

Tüten und Beutel

Kartons

Viel Freude beim Loslassen! Es hört nie auf…

Von Herzen Dank an KK für Dein Vertrauen und diese Inspiration!

Dank an GF für Deine Energie.

Reflexionsaufgaben

1) Schreibe jeden Glaubenssatz in Dir auf einen Zettel mit Nummern dran. Glaubenssätze sind die Sätze, die unbewusst Dein Leben prägen. Sie sind die innere Stimme in Dir, die Dein Leben täglich begleitet, auch wenn Du das nicht merkst. Du bemerkst sie immer, wenn Freude und Freiheit in Dir zu spüren ist. Dann kommt diese Stimme („Du kannst das nicht… Du bist doch gar nicht so… Du bist nicht so schön und klug wie andere…). Sei abgrundtief ehrlich mit Dir. Gib zu, dass dieser Satz in Dir ist, auch wenn Du ihn rational gar nicht haben willst oder sogar andere dafür kritisierst, dass sie nach diesem Glaubenssatz leben.

2) Wenn Du für den Moment erst mal durch bist mit dem Aufschreiben (Du kannst sie später erweitern), schau Dir die Liste an. Wie lang ist sie? Hast Du mit dieser Zahl an Glaubenssätzen gerechnet? Gehe jeden Satz einzeln durch, ganz langsam. Fühle, was er mit Dir macht. Weine. Lebe Wut aus. Gehe in diesen Schmerz, ganz tief. Mach Dir bewusst, was Du Dir selbst damit antust, dass Du diesem Glaubenssatz erlaubst, Dein Handeln, Dein Leben, Deine Zukunft zu bestimmen. Ist er wahr? Woher willst Du das wissen? Bist Du Gott und weißt, was die Wahrheit ist? Wieso kannst Du anderen dann sagen, dass sie schön und wertvoll sind, aber für Dich gilt das nicht? Und wenn das so ist, dann sind auch all Deine schönen Worte an andere ja gar nicht wahr. Was soll das also? Du lügst ja nur, oder???

3) Lass das jetzt wirken. Und dann gehe jeden einzelnen Satz noch einmal durch. Immer wieder. Und dann: Lass los, jeden einzelnen Satz, Schritt für Schritt (Du kannst sie z.B. auch einzeln auf Zettel schreiben und in den Kamin werfen oder mit einem anderen Abschiedsritual gehen lassen).

Fühle dann in Dich hinein und LEBE IN DIESEM MOMENT. Siehe Deine Möglichkeiten. Siehe das Leben vor Dir ohne Fesseln. Freu Dich darauf, dass Du nicht weißt, was morgen passiert. Spüre wie schön das ist, dass Du nichts kontrollieren kannst und das auch gar nicht mehr willst. Alles, was zu Dir kommen wird, ist unvorstellbar schöner und größer als das, was Du in Deinem Kopf immer haben wolltest. Die Liebe zu Dir und in Dir wird alles zu Dir bringen. Du musst nichts weiter zu tun als los zu lassen…

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