# 534: BOOK REFLECTION — “Narzisstische Verletzungen der Seele heilen.”

Peichl, Jochen (2015). Narzisstische Verletzungen der Seele heilen: Das Zusammenspiel der inneren Selbstanteile.

Geschichte hinter der Buchauswahl

Dieses Buch kam nicht freiwillig in mein Leben. Ich hatte viele Jahre gedacht, das „Thema sei durch“. Doch dann stürzt einen das Leben wieder high-speed in die „alten“ und offensichtlich noch nicht verheilten Wunden. Und das sind wohl noch einige. Fachkundige Menschen legen dann, sofern man sie fragt, den Finger in diese Wunde. Und dann hat man zwei Möglichkeiten: Entweder man wehrt sich, schottet sich ab, leugnet, rennt weg. Oder man öffnet sich zunächst für einen winzigen Spalt, um der Möglichkeit Raum zu lassen, dass da etwas dran sein könnte. Für Letzteres habe ich mich entschieden, auch wenn es weh tat.

Das Thema Narzissmus klingt für die meisten von uns erst einmal wie ein Schimpfwort. Wir kennen sie alle, die „arroganten Gockel“, die hochnäsig sind, keine Empathie haben und sich über alles und jeden hinweg setzen, weil nur sie selbst im Mittelpunkt stehen. Das ist der „klassische“ Narzisst, der „offene“. Doch das ist eben nur eine Seite der Medaille. Es gibt auch den „verdeckten“ Narzissten, der sich unterwürfig verhält und mit zur Schau gestellter Bescheidenheit vermeintlich nicht auffallen will. Auch wenn sich beide scheinbar so unterschiedlich verhalten, sind sie durch exakt die gleichen Wunden verbunden: Sie haben meist in frühester Kindheit eine Liebe nicht erhalten, die ein Mensch für die Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins und Urvertrauens braucht. Und dieser Mangel bedingt eine tiefe Seelenwunde, die ab da das Leben bestimmt — meist oder oft für Jahrzehnte unbewusst. Das kleine kindliche und verletzliche Selbst im Inneren wird weggesperrt und soll nicht mehr gesehen und schon gar nicht gespürt werden. Dafür erfindet der Mensch dann alle möglichen hochkreativen Lösungen, um das kleine Kind, das nicht geliebt wurde und auch heute nicht denkt, dass es bedingungslos geliebt werden kann, zu schützen. Arbeit und Leistung sind in unserer Gesellschaft die anerkanntesten Instrumente, um mit der narzisstischen Wunde umzugehen. Glücklich macht das allerdings nicht…

Die Lektüre dieses Buches war ein wesentlicher Auslöser, warum ich nicht mehr jede Woche blogge. Es hat mir zu vielen Selbsterkenntnissen verholfen, die mein Leben und meine Weltsicht und damit mein Handeln für immer verändert haben. Das konnte bislang keine Therapie und kein Coaching und keine noch so intensive Beschäftigung mit anderen Selbstfindungsthemen. Auch der Glaube allein konnte es nicht. Doch er hat mich weitergetragen und mir stets die Hoffnung gegeben, dass Heilung möglich ist. Letztlich war es ein Durchbruch, der erst einmal einen Zusammenbruch brauchte. Vielleicht geht es auch mal einfacher, aber heilsamer vielleicht nicht. Jedenfalls bin ich sehr dankbar, dass mir das Leben diesen Schritt ermöglicht hat.

Wenn man mit so einem Buch und der Arbeit mit sich selbst halbwegs durch ist, dann besteht die Gefahr, dass man denkt, man „weiß“ jetzt etwas darüber. Und natürlich sieht man das Thema jetzt auch mehr und anders in anderen, weil man eben die Aufmerksamkeit dahin lenkt. Das ist hilfreich und führt zu mehr innerer Ruhe, weil kaum mehr Grund zu Missverständnissen und Verletzungen besteht. Sobald man die wahren Wunden hinter dem Verhalten anderer Menschen verstehen lernt, desto mehr öffnet sich das eigene Herz und desto mehr Liebe kann man jedem anderen Menschen entgegenbringen, ohne sich dabei selbst aufzuopfern.

Liebe heißt verstehen,

oder zumindest den Versuch zu unternehmen,

den/die andere(n) zu verstehen.

Das ist nicht wenig,

das ist vielleicht das Größte,

was wir schenken können.

Das Schöne am Verstehen der anderen ist, dass man nicht um sich selbst herumkommt. Denn der Weg geht nicht von den anderen zu sich selbst. Der Weg führt erst über das Verständnis des eigenen „Ich“, der eigenen Wunden. Anders geht es auch gar nicht, denn letztlich sind wir selbst die einzigen, die wir wirklich in der Tiefe und mit der ganzen Biographie kennen. Dieses Erkennen einem anderen über zu stülpen wäre übergriffig. Wir werden immer projizieren und interpretieren und damit eben auch oft falsch liegen. Aber das muss uns nicht grundsätzlich davon abhalten, uns dieses Wissen anzueignen, auf die eigene Geschichte anzuwenden, und damit vielleicht Befreiung zu erfahren, die das Leben grundlegend verändert.

  1. Geschichte umschreiben
Peichl 29

Ich starte mit einer hoffnungsvollen Passage, da das ganze Buch für mich persönlich alles andere als Schwarzmalerei ist, auch wenn die Themen darin so tief sind, dass man sie als Betroffene/r oder als Leser/in schwer verdauen kann. Genau das öffnet aber die Augen. Und schön ist von Beginn an, dass Peichl nicht pathologisiert und Leser/innen als für immer und ewig „krank“ hinstellt. Vielmehr begegnet er einem mit viel Wertschätzung, da von Beginn an klar ist, dass auch höchst destruktive und für andere Menschen verletzende und sogar gewaltvolle Handlungen eben nicht aus einer prinzipiellen Bösartigkeit von narzisstisch gestörten Menschen erwachsen. Vielmehr sind all dies Folgen des Traumas, das erfahren wurde. Das gibt allem eine ganz andere Richtung, auch wenn es keinen Spaziergang verspricht.

Damit geht allerdings auch, wie meist in solchen Fällen, die Schuld- und Verantwortungsfrage einher. Von Schuld möchte ich nicht sprechen und auch Peichl stellt dies klar. Denn schuldig im juristischen Sinne ist nur, wer bewusst und mit voller Intention Böses begeht. Doch dahinter steckt letztlich immer eine Verletzung. Und diejenigen, die sie zugefügt haben, zumeist eben auch unbewusst, haben dies mit Sicherheit auch nicht mit vollem Bewusstsein ihrer eigenen Verletzungen getan, sonst hätten sie de facto nicht so gehandelt. Also haben wir es mit einer Schleife endloser Wiederholungen dieser Muster zu tun, die erst dann durchbrochen werden, wenn ein Mensch sich dieses Leids annimmt und genau das tut, was mit dem Buch möglich ist: den eigenen Wunden auf die Spur zu kommen, die Sicht auf die Welt verändern und damit auch das Handeln, und letztlich Verantwortung für das eigene Glück zu übernehmen.

Verantwortung ist gerade beim Thema Narzissmus ein riesiger Komplex (wie bei psychischen Erkrankungen generell): Denn gerade bei offen grandios auftretenden Narzissten ist es häufig so, dass sie beruflich und in anderen Lebensbereichen die Verantwortung im Sinne von Führung geradezu an sich reißen. Doch auch dahinter steckt eigentlich Angst. Das verletzte Kind innen bleibt ängstlich und verletzt und fühlt sich klein und inkompetent und eigentlich gar nicht verantwortungsfähig. So wächst die Kluft zwischen innerer Wahrheit und äußerem Auftreten. Dies wird zur Zerreißprobe. Authentizität, zumindest selbst gefühlte, wird unmöglich. Und vor allen Dingen werden so auch wirklich nahe und intensive und freie Liebesbeziehungen nicht lebbar. Andere werden automatisch auch zum Instrument für den eigenen Selbstschutz — man baut sich das eigene Gefängnis.

Was ich nun eben so schön finde in Bezug auf die Passage oben, die recht am Anfang des Buches erscheint und dem Ganzen eine positive Rahmung gibt, ist, dass wir, wie eben auch wissenschaftlich gezeigt, unsere eigene Geschichte umschreiben können. Das betrifft nicht nur die Zukunft, in der wir durch einen anderen Blick anders handeln können. Dies betrifft auch die Vergangenheit. Hier können wir zwar keine Handlungen mehr ungeschehen machen. Aber wir können alles, was sich um diese Handlungen in unserem Kopf und damit auch unserem Herzen abgespielt hat, umschreiben im Sinne einer Neudeutung. Das bewirkt “Neuverstehen” — dieses wahnsinnig befreiende Gefühl, dass wir keine Angst mehr vor uns selbst zu haben brauchen, weil wir uns endlich selbst besser verstehen.

Damit gehen auch automatisch andere Wertungen einher, wobei das Werten eine grundsätzliche Baustelle des Narzissten ist. Er/sie wertet ständig — andere und damit sich selbst. Auch das geschieht nicht bewusst oder aus böser Absicht. Doch wenn ich mir selbst nichts wert bin — wenn ich weiß, aufgrund meiner Erfahrung, dass ich hart arbeiten muss, um mein Selbstbild und meine Leistungsfähigkeit aufrecht zu erhalten — muss ich mir durch (Selbst-)Wertungen immer ständig selbst versichern, dass das noch so ist; dass ich „besser“ oder zumindest nicht schlechter bin als die anderen. Sonst habe ich, nach eigener Überzeugung, überhaupt kein Existenzrecht mehr und auch keinen Sinn, wenn ich abends vor dem Zubettgehen oder morgens nach dem Aufstehen in den Spiegel schaue.

Einfach so zu sein, wie man ist, und dafür angenommen zu werden, auch und gerade von sich selbst, das gibt es nicht aus dieser Perspektive.

Dieses Hamsterrad im Kopf wird so lange weiter gedreht, bis irgendetwas geschieht, das einen aus der Bahn wirft. Bei manchen funktioniert das vielleicht ein Leben lang, dass sie sich ihre eigene Geschichte aus Sicht des überhöhten und innerlich erniedrigten Selbst schreiben und damit auch ein Leben lang die Angst wegsperren und das tiefe innere Wissen, dass man unglücklich und unfrei ist. Bei anderen dagegen wird diese Last unerträglich, da Krankheit, Depression oder gar Suizidgedanken ein „weiter so“ kaum mehr möglich machen. Zumindest nicht, wenn man aufgrund irgendwelcher Ereignisse gewahr wird, dass das Leben kurz ist und man die restlichen Jahre, wie viele auch immer, nicht mehr im inneren Gefängnis verbringen will. Ab da ist man bereit, ALLES, was war, neu zu sehen, auch wenn es weht tut. Man weiß, der Schmerz der Heilung wird um ein Vielfaches weniger sein als der Schmerz, den man ertragen müsste, wenn man weiter so lebt wie bisher.

2. Innere Wächter

Peichl 58

Das Buch ist auch deshalb so wertvoll, weil es viele Übungen und Anleitungen für gedankliche Reisen zum inneren Kind beinhaltet. Eine wichtige Rolle spielen darin die inneren Wächter oder Protektoren. Das sind genau jene als „krankhaft“ erscheinenden Anteile (z.B. Süchte), die eben nicht die Ursache, sondern die Lösung des Problems, also der Wunde, darstellen. Eine Sucht an sich ist nicht der Auslöser für ein seelisches Problem. Im Gegenteil, die Sucht ist der einzige Ausweg, um mit dem Schmerz, den die Wunde auslöst, umzugehen — das Leben erträglich zu machen. Folglich, und das macht Peichl mit dem positiv besetzten Begriff der Wächter oder Beschützer deutlich, sind sie auch erst einmal nicht negativ zu werten. Die Reise zum wahren Selbst und zur Heilung liegt nur darin, zu erkennen, dass man einige Wächter nicht mehr braucht, wenn der Schmerz geheilt ist.

Nun muss ich etwas zum Begriff der Heilung sagen. Auch dies war ein wunderbares Geschenk auf meiner Reise und ist sehr stark mit meiner Spiritualität verbunden. Heilung besteht für mich heute tatsächlich zuallererst im kognitiven Verständnis des Problems — der Wunde, des Ursprungs der Schmerzen. Der Glaube spielt hier deshalb hinein, zumindest bei den Buchreligionen, weil sie einen rationalen Anteil haben und das Verständnis der Schrift zum immanenten Bestandteil des Glaubens machen. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Fühlen außen vor ist beim Heilungsprozess. Im Gegenteil: Erst das Fühlen lässt uns die Unerträglichkeit des Schmerzes verstehen und ruft damit auch den Wunsch hervor, ihn los zu werden. Das braucht Zulassen, Loslassen.

Was man loswerden will,

dass muss man erst mal sehen,

und annehmen.

Jedenfalls bildet das Erkennen und Verstehen der inneren Wächter auch die Grundlage für alle pragmatische Arbeit, die folgt und vielleicht niemals ganz endet. Ist der innere Wächter erkannt und in seiner Funktion durchaus wertgeschätzt, weil er eben das Leben ermöglichte, auch wenn er letztlich destruktiv war/ist, dann kann man mit ihm arbeiten und ihm langsam beibringen, dass er künftig eine andere Rolle zu spielen hat. Damit muss gar nicht gemeint sein, dass er ganz aus dem Leben verschwindet. Bei Süchten ist das natürlich so, aber bei Verhaltensweisen, wie z.B. übermäßigem Kämpfertum, kann es durchaus sein, dass sie ab und an bewusst wieder eingesetzt werden dürfen, um damit Gutes zu tun, z.B. für gesellschaftliche Ziele einzustehen. Der Fokus liegt aber immer auf dem Zauberwort der „Bewusstheit“. Wenn ich immer kämpfe, weil ich es so gelernt habe, dass ich kämpfen muss, um zu überleben, um etwas „wert“ zu sein, dann kämpfe ich mich zu Tode und werde letztlich auch von anderen nur so erfahren.

Wichtig bei der Passage oben war zu erkennen, welchen Preis ich dafür zahle, dass meine Protektoren, die einen Großteil meines Selbstwertes ausgemacht haben, mein Leben bestimmen im Sinne von „beschützen“. Das Perfide daran ist, dass das kaum jemandem auffällt, außer einem selbst. In unserer Gesellschaft, in der glücklicherweise immer mehr Individualität gelebt und geschätzt wird, kann man sich auch ganz schnell dahinter verstecken, dass man eben „anders“ ist und anderes braucht als alle anderen. Die Grenze zwischen Narzissmus und gesunder Selbstentfaltung für sich selbst zu finden, und daraus kein „Image“ zu machen, ist vielleicht eine lebenslange Aufgabe…

3. Angst

Peichl 181

Die Angst ist ja eines der wichtigsten und wertvollsten Gefühle in unserem Leben. Sie ist Treiber für vieles, was wir tun. Das ist evolutionär und biologisch so angelegt und schützt uns. Doch die Angst kann eben bei der narzisstischen Persönlichkeit ALLES bestimmen. Und sie ist, wenn man das erkennt, auch Auslöser, sich erst einmal in Grund und Boden zu schämen. Wenn einem nämlich wirklich bewusst wird, dass sich, auch beim Mutter-Teresa-Typ, eigentlich alles um das eigene Selbst dreht, weil man eben ganz tief drinnen Angst hat, nichts wert zu sein und niemals geliebt zu werden, dann bleibt es so oder so ein Ego-Trip. Man unterwirft sich, scheut Konflikte, will sogar andere “heilen”, hat ständig Angst und weiß tief drin, dass auch die besten Taten für andere zu einem großen Teil davon motiviert sind: ICH, ICH, ICH…

Irgendwann erkennt man es,

es wird einem schmerzhaft von lieben Menschen vor die Füße geworfen,

aber man kommt nicht raus aus dem Wahn.

Genau dieser innere Zwiespalt ist auch das, was einen letztlich verrückt macht. Man ist eine Lügnerin, wenn man in den Spiegel schaut. Man weiß, dass viele der nicht geweinte Tränen Täuschung gegenüber anderen waren. Man weiß, dass viele Lacher Täuschung waren, um die eigene Angst und Unsicherheit zu verbergen. Man wird immer tiefer in den Strudel des Schauspiels gezogen, um eben alles zu tun, damit die Angst nicht die Überhand gewinnt. Und irgendwann kann man keine Minute des Lebens mehr Ruhe finden, weil man ständig damit beschäftigt ist, den nächsten Schritt zu planen, um Gutes zu tun oder besonders zu sein, weil man ohne diesen Treibstoff einfach nicht leben kann.

Die nie erfahrene Liebe von früher aber, die wird man nicht zurückholen können.

Da kann man weiterrennen und reisen bis ans Ende der Welt.

Die findet man nur in sich und der eigenen Geschichte.

All das klingt jetzt sehr düster und pessimistisch und krank. Aber ich beschreibe es genauso, weil es eben auch ein wunderbarer Motivator ist, das Thema anzugehen und sich zu befreien. Die Grundlage bleibt, und darin unterscheidet sich Peichl nicht von vielen anderen Büchern zu dem Thema, die Reise zum inneren Kind. Es ist die Reise in die eigene Vergangenheit, auch späteren Lebensphasen, die frühe Verletzungen wiederholt und verstärkt haben, und dann das Hineinfühlen und das Wiedererfahren des Schmerzes, der hier aufkam und nie verarbeitet werden konnte.

Erst durch den Erwachsenen heute kann dieser Schmerz „verarztet“ werden und zwar, das ist ganz wichtig, nicht von ANDEREN, sondern von EINEM SELBST — vom liebevollen und verantwortungsfähigen erwachsenen Menschen, der man eben auch und gerade heute ist. Und dieser Mensch kann für sich selbst sorgen und daher auch mit Einsamkeit umgehen. Aber Einsamkeit ist etwas anderes als Verlassensein. Und auch das eigene Verlassen von andern darf sein, sofern einem der/die andere nicht gut tut. Damit ist nicht die Verletzung des inneren Kindes gemeint im bewussten Zustand. Damit ist die Verletzung des Erwachsenen gemeint, der eben nicht mehr aus Reflex Mutter Teresa oder den grandiosen Kämpfer spielen muss. Nur das Verlassen aus Flucht, aus Hilflosigkeit und Wut, wird obsolet. Das Spüren aber, was gut tut am anderen, ohne narzisstische Leistung oder Instrumentalisierung, das ist gesund.

Das klingt jetzt alles vielleicht sehr kompliziert und arbeitsreich und lässt einen trotzdem denken, dass der Schmerz, weil er so tief ist und seit jeher Teil von einem, selbst wenn er erkannt wurde, nicht gehen wird. Ich kenne diese Zweifel und ich ermutige trotzdem, den Weg der Heilung zu gehen. Der Anspruch, 100% geheilt zu sein, ist in sich schon wieder narzisstisch/perfektionistisch und darf losgelassen werden. Wir sind nicht Jesus oder Buddha — wir sind Menschen. Jeder von uns ist in seiner Essenz gleich geschaffen. Ja, unsere Wunden haben uns dazu getrieben, unterschiedliche Erfahrungen zu machen. Aber auch die waren, so „krank“ sie uns vielleicht zunächst beim Erwachen erscheinen mögen, nicht nur destruktiv oder gehören “verdrängt”. Im Gegenteil: Sie hatten ihren Wert, haben uns ins Jetzt gebracht. Und hier wartet nun ein neuer Abschnitt, in dem auch neue Teile in uns erstrahlen dürfen. Es ist nie zu spät, das Leben in Freiheit und Liebe sich entfalten zu lassen. Habe Mut und Zuversicht und den Glauben, dass wir getragen sind. Wer den Abgrund schon gesehen hat, der kann in jedem kleinen Lichtlein die Wunder des Lebens erkennen. Und dafür lohnt sich jeder neue Tag — jeder…

Reflexionsfragen

1) Gab es einen Moment in Deinem Leben, in dem Du plötzlich Deine gesamte vorherige Lebensgeschichte anders gesehen und verstanden hast als zuvor — an dem die Puzzleteile an ihren Platz fielen? Wenn ja, was hat das ausgelöst? Wenn nein, gibt es bei Dir tiefe innere Fragen zu Deinem Verhalten und vielleicht Problemen, bei denen Du Dir das wünschst?

2) Welche destruktiven Verhaltensweisen hast Du, bei denen Du weißt, dass sie Dir nicht guttun, aber Du kannst sie nicht loslassen? Inwiefern sind sie auch positiv, wovor schützen sie Dich vielleicht? Umarme sie, sie haben Dir geholfen…

3) Kennst Du existenzielle Angst? Wie gehst Du mit ihr um? Wer oder was hilft Dir?

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