# 527: BOOK OF THE WEEK — “Co-Abhängigkeit”

Miller, Alice (1986). Co-Abhängigkeit: Die Sucht hinter der Sucht.

Geschichte hinter der Buchauswahl

Noch während der Lektüre der Alice Miller Bücher in den vergangenen Wochen hatte ich mir dieses Buch bestellt. Es war ein ganz logischer Schritt. Die Beschäftigung mit Sucht und abhängigen Beziehungen lässt einen fast automatisch auch auf das Thema Co-Abhängigkeit stoßen. Ich meine mich zu erinnern, dass ich das Wort schon einmal vor etwa 15 Jahren von meiner besten Freundin und WG-Genossin gehört hatte. Damals hatte ich noch keine Ahnung, dass wir selbst in einer solchen Abhängigkeit aufgrund unserer Geschichten gefangen waren. Aber es brauchte all die Lebens- und Lernerfahrungen, um schließlich alle Fäden zusammen zu ziehen.

Man muss bedenken, dass dieses Buch von 1986 in der deutschen Übersetzung ist. Der Begriff ist heutzutage nicht mehr solch eine Innovation bzw. ein Tabuthema wie damals. Trotzdem vermute ich, dass viele Therapeut/innen noch immer nicht viel darüber wissen. Und noch mehr vermute ich, dass viele von ihnen das Thema Sucht nicht so auf dem Schirm haben, wie es angebracht wäre, auch wenn sie sich schwerpunktmäßig um andere Themen kümmern. Das gilt auch für Coaches und andere beratende Berufe. Schaef hat sicher recht, wenn sie wiederholt schreibt, wie normal Süchte in der Gesellschaft sind und wie normal in der Folge auch abhängige Beziehungen sind. Ich vermute, dass mind. 90% der Menschen ihr Leben in diesen Verflechtungen leben und damit auf ihre Weise glücklich sind.

Ist man einmal aufgewacht,

geht das Ausblenden nicht mehr.

Und man will etwas anderes…

Heute Morgen habe ich ein Interview mit der Schauspielerin Uschi Glas auf der Leipziger Buchmesse gesehen. Darin liest sie einige Sätze aus ihrer Biographie und sagt (frei aus meiner Erinnerung zitiert): „Ich wollte niemandem gehören — keinem Mann, keiner sozialen Bewegung…“ Das ist genau das Bedürfnis, was zumindest ich schon immer in mir hatte. Aber ich habe versucht, es mir weg zu trainieren und mich dem gesellschaftlichen „wir“ anzupassen, weil das einfach cool ist und eine Norm und christlich noch dazu. Es wird einem ja immer eingeredet, dass man irgendwo dazugehören muss, weil man ein soziales Wesen ist. Dass man dabei die Suche nach dem innere zu Hause gar nicht erst antritt oder sich immer wieder selbst daran hindert, sagen einem nur wenige…

Doch es spielt keine Rolle, wer einem was sagt. Wichtig ist, dass man irgendwann wirklich den eigenen Weg findet. Und das geht nur, wenn man auf die inneren Bedürfnisse hört, sie bedingungslos annimmt und sie durch eigenes Handeln stillt. Damit geht auch einher, dass man sich selbst bedingungslos annimmt. Das ist ein langer Prozess und manchmal nimmt er in der Sucht seinen Ursprung. Die Sucht ist die “Stunde 0” und lässt einen verstehen, dass es so nicht weitergeht, wenn man weiterleben will. Doch mit dem Heilungsweg aus der Sucht kann eben auch irgendwann eine Co-Abhängigkeit entstehen bzw. eine Sucht, die aus der Sucht eines anderen resultiert. Grundlage sind immer eigene versteckte Süchte, die getriggert werden. Wäre man ganz von ihnen frei, könnte ein Süchtiger nichts auslösen.

Ich bin dankbar dafür, dass mich das Leben zunächst einmal wieder zurückgeworfen hat, um diesem Thema, wenn auch schmerzhaft, zu begegnen. Und schließlich hat mich mein Verstand dazu geführt, dieses Thema zu erschließen und mich selbst besser zu verstehen. Dieses Verständnis ist die Grundlage für Veränderung. Damit meine ich nicht, dass wir uns prinzipiell ständig verändern müssen. Nein, in Wahrheit ist es andersrum. Eine Sucht und eine Co-Abhängigkeit entstehen oft genau aus dem Glauben heraus, dass wir anders sein sollten, als wir in Wahrheit in uns sind. Und das setzt den Startschuss für die Unterdrückung von Bedürfnissen. Am Ende kommt man dann wieder da hin, wo man mal vor vielen Jahren vor der Krankheit losmarschiert war— mit einem entscheidenden Unterschied:

Die Krankheit und die Heilungsreise dazwischen haben einem gezeigt, dass man genauso richtig ist, wie man ist,

zumindest im Kern,

ohne Ego-Spielchen und emotionale (Selbst-)Manipulationen.

Das gibt wahres Selbstbewusstsein und Selbstwert.

Und das genau ist unabdingbar für Freiheit und Unabhängigkeit — von Süchten und abhängigen Beziehungen.

  1. 12 Schritte
Schaef 38

Das Lesen dieser Seite und der darauffolgenden war für mich ein Erwachensmoment, den man kaum in Worte fassen kann. Gerade in den letzten Wochen habe ich eine Netflix-Serie mit der sehr viel Freude immer wieder geschaut „Feel Good“. Darin kommt das 12-Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker auch in Verbindung mit der autobiographischen Geschichte der Hauptdarstellerin Mae Martin vor. Und plötzlich begegnete mir nun dieses Programm in der genauen Beschreibung wieder auf diesen Seiten. Der Erwachensmoment lag darin begründet, dass hier eine wesentliche Komponente dabei ist, von der ich vorher nichts wusste: Gott!

Das mag nun für einige wieder in die religiöse Ecke abdriften, genau darum geht es aber nicht. Als ich das hier las, habe ich sofort meinen eigenen Weg in der Rückblende gesehen. Ich war nie Alkoholikerin, aber mir war sofort klar, dass, wie Schaef auch immer wieder betont, die 12 Schritte als Heilungsweg auf fast alle anderen Süchte übertragbar sind. Und noch viel wichtiger: Mir wurde klar, dass ich diese 12 Schritte, bis auf den letzten, in dem ich mich vielleicht aktuell gerade befinde, ohne Wissen um das Programm durchlaufen habe! Und genau deshalb konnte ich mir sofort vorstellen, warum „Gott“ bzw. eine spirituelle Kraft darin essenziell ist. Auch ich wäre wahrscheinlich ohne meine Krankheit nicht zu dem Glauben und der Spiritualität gekommen, die mich heute trägt. Diese hat eben wenig mit Kirche und Christentum und „Gott“ im theologisch erforschten Sinne zu tun.

In diesem Moment weiß ich noch nicht sehr viel über die Details des Programms und seiner Geschichte. Ich weiß nur, dass dies der Schlüssel für vieles ist, was ich in der kommenden Zeit “erforschen” werde. Dazu gehört auch, die Verbindung zwischen Sucht und Spiritualität näher unter die Lupe zu nehmen. Gerade das Theologiestudium hat mir ja eines ganz deutlich gemacht: Theologie und Glaube allein können aus meiner Sicht nicht so heilen, wie die Kombination aus psychologischen Kenntnisse und Glaube. Damit meine ich die Seite der Begleitenden (z.B. Pfarrer/innen). Ich meine aber auch und insbesondere die Seite der Betroffenen.

In meinem Falle habe ich schnell den Heilungsweg der „Bücher“ gewählt. Menschen kamen darin immer wieder vor, aber nicht sonderlich lange als Therapeuten oder Pfarrer, zumindest sehr selten. Das hat damit zu tun, dass ich offensichtlich intuitiv gespürt habe, dass auf andere Menschen zu hören, auch wenn es qualifizierte Menschen sind, eines meiner Grundprobleme ist. Natürlich bedeutet das Lesen auch in gewisser Weise „auf andere Menschen zu hören“ — auf die Autor/innen eben. Aber da gibt es noch immer einen wesentlichen Unterschied: Menschen, mit denen ich rede, kennen mich in gewisser Weise und haben wissentlich oder unwissentlich ihre eigenen Baustellen. All das spielt in das Gesagte mit hinein. Bei Büchern ist das insofern anders, als sie ohne Kenntnis meiner konkreten Situation geschrieben wurden, aber eben in einem gewissen Moment meines Lebens zu mir sprechen. Und ich erkenne darin auch nur genau das, was sich in mir spiegelt.

Um noch einmal auf die 12 Schritte zu kommen: Ich glaube, der Begriff „Anonyme Alkoholiker“ ist fast jedem ein Begriff, meistens aus abschätzigen Witzen. Kaum jemand weiß wirklich, welcher Genius dahinter steckt. Und der Witz an dem nachweislich wirkungsvollsten Programm der Welt ist, dass es eben nicht von Wissenschaftler/innen oder Therapeut/innen oder Ärzt/innen entwickelt wurde. Nein, es waren Betroffene selbst. Und das genau macht die Ironie der Geschichte mal wieder aus, die auch mein Leben widerspiegelt: Ich schätze die Wissenschaft und ich schätze das Wissen als unermesslichen Wert an sich. Aber wirklich „helfen“ kann man nur mit und in der Praxis und zwar aus bewusst subjektiver, teils „betroffener“, Perspektive, die eben gerade nicht vorgibt, wissenschaftlich objektiv zu sein. Denn das ist so oder so eine Lüge, noch dazu eine unnötige. Denn die erzwungene Objektivität hilft kaum jemandem weiter, da sie Emotionen und wahrhaftige Spiritualität ausklammert. Aus so etwas können keine „Wunder“ entstehen…

2. Klarheit

Schaef 41

Wilson Schaef beschreibt an vielen Stellen, hier sehr eindrücklich, dass psychische Erkrankung und gerade Sucht mit einem Verlust an Klarheit einher gehen. Das ist eine logische Folge davon, dass man kein Selbstbewusstsein hat und sich selbst am wenigsten traut. In so einem Zustand, der für manche ein Leben lang anhält, kann man keine klaren Entscheidungen treffen und auch so kommunizieren. Man ist ständig damit beschäftigt, Fettnäpfe zu umschiffen, die einen abhängige Beziehungen verlieren lassen könnten. Mit anderen Worten: Man möchte geliebt werden und eigene klare Entscheidungen, die als solche kommuniziert werden und aus wahren eigenen Bedürfnissen resultieren, bergen immer die Gefahr, zumindest denken das Betroffene, dass sie Konflikte auslösen und diese Konflikte wiederum Verlassenwerden zur Folge haben könnten.

In Wahrheit ist es andersherum:

Man wird irgendwann so oder so verlassen (innerlich oder äußerlich),

wenn man sich nicht wirklich selbst lebt.

Auch das musste ich erst wieder schmerzhaft verstehen

Und danach handeln.

Mir ist in den letzten Wochen in Folge einer für mich an dieser Stelle lebenswichtigen Entscheidung erst wieder klar geworden, welch wichtige Rolle die Klarheit für andere Menschen um einen herum hat, und wie sehr man sie ausstrahlt, ohne das wirklich zu merken. Offensichtlich gibt es dabei aber einen kleinen Unterschied. Die Menschen um mich herum in diesem konkreten Fall haben mir vielfach kommuniziert, dass sie meine “Klarheit” und “Unkompliziertheit” und “offene Kommunikation” so schätzten. Der Witz ist, genau diese Dinge habe ich, in der Rückschau zumindest, lange Zeit an mir selbst vermisst. Und das war genau während der Zeit, in der mich diesen Menschen schätzen lernten.

Ich will damit also nicht sagen, dass ich etwas vorgetäuscht habe. Offensichtlich haben diese Menschen in mir etwas gespürt, was da war, aber für meine eigenen Bedürfnisse noch zu wenig. Diese Klarheit habe ich jetzt ein großes Stück weit wiedergefunden. Das geht aber auch damit einher, dass man sich die Fehltritte und die Leiden, die man sich und anderen zugefügt hat, eingesteht und verzeiht. Es geht dabei niemals um Schuld. Es geht um Einsicht und Umkehr. Es geht auch darum, wieder neu spüren zu lernen und den eigenen Bedürfnissen „Luft zu machen“ — ganz praktisch in der Kommunikation. Das habe ich nun über nicht sonderlich kurze Zeit wieder verlernt. Und dabei geht es letztlich immer um unterdrückte Emotionen.

Sucht und auch Co-Abhängigkeit hat immer mit unterdrückten Emotionen zu tun. Mir ist insbesondere wieder klar geworden, welche Rolle die Wut dabei spielt. Wut ist eine solche Kraft, die wir in uns haben, dass sie wahrhaft Berge versetzen kann, wenn sie „richtig“ eingesetzt wird. Falsch ist natürlich Gewalt, verbal oder gar körperlich. Ich will jetzt hier nicht über die feinen Unterschiede und manchmal nahtlosen Übergänge diskutieren. Es geht mir schlichtweg darum, dass wir in dieser pseudo-friedliebenden Gesellschaft mit einer Menge Harmoniesucht ständig Emotionen unterdrücken — gerade die Frauen. Und das macht krank, besonders bei Menschen, die ihre wahre Emotionalität und ihre volle Geisteskraft ganz und gar und ohne Abhängigkeiten ausleben wollen und müssen, um glücklich und damit frei zu sein.

3. Abgrenzung

Schaef 57

„Du musst Dich besser abgrenzen.“ Diesen Satz sagen sich gerade Hochsensible oder deren „Ratgeber“ fast täglich. Das Problem ist ja nicht das Wissen darum. Das Problem ist, es auch zu tun. Wenn man wirklich von frühester Kindheit an gelernt hat, in den Menschen um einen herum Bedürfnisse zu erkennen, die man dann selbst befriedigt oder zumindest in einer Weise „bemitleidet“, dass sich der/die andere besser fühlt — wie soll man das einfach abstellen? Und die einfache Weisheit, dass man nicht in andere hineinschauen kann, und sich deshalb auch mit noch so feinen Antennen selbst belügt, wenn man behauptet, man spürte, was im anderen ist, hilft auch nicht wirklich weiter. Denn es gibt eine einfache Wahrheit, ein einfaches Grundbedürfnis, das ist in uns allen: Wir suchen nach Liebe und Angenommensein.

Man ist also dann in der Co-Abhängigkeit darin gefangen, all die Empfindungen und Bedürfnisse, die um einen herum sind, total abzublocken, weil das vermeintlich weniger Probleme machen würde. Oder man sieht das starke Fühlen und die mangelnde Abgrenzung als ein „Geschenk“ und macht sogar einen Beruf daraus, sich um andere zu kümmern und den eigenen Selbstwert daraus zu ziehen, dass man so viel fühlt. Beide Wege funktionieren nur bedingt, wie ich selbst ausprobieren durfte, solange man eines noch immer nicht hat: das wahre Selbstbewusstsein und den wirklichen Kontakt zu sich selbst. Hat man das, ist es nämlich zu jeder Zeit möglich, sich abzugrenzen, weil man plötzlich WEIß, was wirklich gerade in einem ist und was eben vom anderen kommt.

Mit diesem Wissen, dass letztlich vom Spüren kommt, ist aber noch nicht gesagt, dass man auch anders handelt. Dafür braucht es wirklich das Vertrauen in das eigene Gefühl und vor allem in das Recht und den Mut, zu sein, wie man ist. Das genau ist das Schwierigste an psychischer Erkrankung. Ob man es wahrhaben will oder nicht und ob man gesellschaftlich hohen Rang oder nicht — die Krankheit wäre nicht da, wenn man wirklich wüsste, dass man DA SEIN DARF, dass man gewollt ist, dass man etwas wert ist, dass die eigene Meinung Wert hat.

Genau deshalb ist übrigens das Thema „nicht werten“ gefährlich, jedenfalls aus meiner Sicht. Ja, ein voll erleuchteter Buddha kann das vielleicht, aber für alle anderen Menschen, die nicht gefüttert werden wollen und ihren Alltag meistern, ist es Gift. Wir brauchen Meinungen und Wertungen, um zu wissen, wer wir sind und wofür wir stehen — was uns ausmacht. Das ist wichtig. Das darf und soll sein. Der feine Unterschied zu einem wirklichen Narzissten, Neurotiker oder anderen wirklich kranken Persönlichkeiten ist jedoch, dass man sich darüber im Klaren sein sollte, dass die subjektive Wahrheit nicht die allgemeingültige Wahrheit ist, die es ohnehin nicht gibt. Aber trotzdem hat sie Wert und soll sein. Unsere Gesellschaft würde sonst nicht voran kommen, wenn wir alles einfach wertfrei vorbeiziehen lassen würden, nur um vermeintlich spirituell und in liebender Einheit mit allem sein zu wollen.

Die Geschichte wiederholt sich schon oft genug,

wenn man die Nachrichten einschaltet.

Zumindest in unserer kleinen Welt,

können wir es individuell verhindern,

wenn wir uns das Werten und die eigene Meinung zutrauen.

Natürlich ist es jedem/r selbst überlassen, welchen Weg er/sie gehen möchte und was in einem steckt. Für mich ist es in der Rückschau ein klares Zeichen von Unklarheit und Verlorensein, wenn man seine Meinung nicht mutig kund tut und vielleicht erst gar keine hat. Das hat oft damit zu tun, dass man sich keine Meinung und Wertung „zutraut“. Natürlich ist das verständlich inmitten all der vielen Erkenntnisse und Meinungen und sonstiger Einflüsse, die für eine „fundierte“ Meinung eine Rolle spielen. Doch genau da wird es doch interessant — genau da kommt doch das menschliche „Bauchgefühl“ ins Spiel, der innere Kompass. Ich brauche all diese Dinge nicht, um eine Wertung zu treffen. Denn ich werde alle Faktoren eh nie berücksichtigen können, und wenn ich alle Forschungsdaten dieser Welt im Kopf haben wollte. Darauf kommt es nicht an. Es geht darum, einen Standpunkt zu vertreten, der seine eigenen Grenzen kennt und trotzdem Orientierung bietet — für sich und für andere und ungeachtet der möglichen Wertungen anderer.

Genau das ist Abgrenzung.

Ich mache den Mund auf,

ich zeige meine Emotionen

und ich tue das in dem Wissen,

dass andere mich nicht verletzen können,

weil ich meine eigenen Grenzen setzen kann.

Und weil mich ihre Wut oder auch ihre Heucheleien

Nicht innerlich berühren.

Ich kann selbst entscheiden,

was ich an mich heranlasse

und was nicht,

zumindest abseits absoluter Ausnahmesituationen.

Ein Mensch, der das kann, hat entweder einen erfolgreichen Weg aus der eigenen Sucht oder einer aus der Co-Abhängigkeit entstandenen Sucht hinter sich. Oder aber er/sie musste da gar nicht erst durch und ist damit gesegnet, einen solchen Selbstwert und eine solche Unabhängigkeit von Kindheit an mitbekommen zu haben. Welcher Weg auch immer zu dieser Unabhängigkeit führt — ich wünsche allen Menschen, die mit sich und ihrer gefühlten Bedeutungslosigkeit hadern, dass sie die richtigen Bücher in die Finger bekommen und ein paar Menschen, die sie ernst nehmen und die mit ihnen sprechen — gemäß ihrer Bedürfnisse, auf ihre eigene Weise. Wichtig ist: All das muss „echt“ sein. Wir Menschen fühlen das — Abgrenzung hin oder her. Wir spüren Lügen und geheuchelte Liebe. Das genau brauchen gerade Co-Abhängige und Hochsensible am wenigsten. Es ist im Zweifel ihr Tod. Die wahre echte Liebe, die aus der offenen Emotionalität und der inneren Stärke aller Beteiligten erwächst, ist eine Lebensversicherung, die man nicht mit Geld bezahlen kann.

Reflexionsfragen

1) An was denkst Du bei dem Begriff „Anonyme Alkoholiker“? Was weißt Du darüber?

2) Gab es Zeiten in Deinem Leben, wo Du das Gefühl hattest, überhaupt keine Klarheit über Dich selbst und Deinen Weg zu haben? Welche Umstände haben dazu geführt? Wie hast Du hinaus gefunden oder wie möchtest Du hinaus finden, sofern Du es gerade erlebst?

3) Kennst Du das Gefühl, Dich nicht abgrenzen zu können (z.B. gegenüber anderen Menschen, bestimmten Medieninhalten)? Wenn ja, welche Folgen hat das für Dein Leben? Kannst Du etwas daran ändern?

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