# 521: Stille Tränen
Gedicht
Die Tränen kullern,
kein Ton aus Dir heraus.
Ich sage Worte,
die Dich verletzen.
Tue es nicht gern,
mache es aus Liebe
und aus der Angst
um das Leben.
Weiß nur zu gut,
wie schnell es geht,
dass man vergisst,
was Freude ist.
„Ich bin glücklich“
Sagst Du.
Ja, sage ich.
Jeder selbst weiß,
was Lüge ist.
Wissen ist nicht Fühlen.
Und Weinen ist nicht Reden.
Wie lange hast Du geübt,
dass Deine Tränen verstummen?
Es tut so weh,
die Geschichte zu ahnen.
Aushalten ist Dein Beruf,
Fühlen ist Deine Berufung.
Beides geht wohl nicht,
wenn man „ich“ bleiben will.
Mein Weg ist anders,
habe zu lange gekämpft,
um laut zu weinen
und laut zu lachen
und laut das Leben
in Fülle auszustrahlen.
Die Stille am Telefon
fühlte sich endlos an.
So viele Tränen,
die keiner hört.
Doch Du weißt,
dass ich sie “sehe”.
Und ich spüre,
wie Du bebst.
Ich wünsche Dir,
dass Du es einmal kannst;
das laute Weinen,
das tiefe Schluchzen.
Es tut so gut,
Schmerz los zu lassen.
Es hilft so sehr,
sich hinzugeben.
Du kannst es nicht,
sonst könnte ich es schon.
Sei umarmt,
meine Liebe.
Ich küsse Deine Tränen
durch die Stille zwischen uns.
Es macht mich wütend,
was der Kopf machen kann.
Die Handschellen ums Herz
lassen sich kaum lösen.
Doch ich ermutige Dich,
durch den Schmerz zu gehen.
Heilung ist möglich,
ich hatte es nicht gesehen.
Und Deine Tränen sind gut
so wie sie sind.
Weine laut oder leise,
ich küsse sie weg.
Mach, was Du fühlst
und sei gewiss.
Was Du siehst ist richtig,
Was Du fühlst noch mehr.
Lass Dein Herz nicht trügen
von den Worten der vielen.
In Dir ist alles,
was es zum Heilen braucht.
Lass los die Tränen
und die Stimme in Dir,
sie zeigt Dir den Weg
hin zu mir.