# 487: BOOK OF THE WEEK — “Grammateion”

Silke Schmidt
4 min readSep 3, 2023

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Lahmer, Karl (1989). Grammateion: Griechische Lerngrammatik — kurzgefasst.

Geschichte hinter der Buchauswahl

Dieser Eintrag wird extrem kurz, da ich dieses Buch noch nicht mal lesen wollte. Ich habe es auch noch nicht eingehend gelesen. Ob ich es tun werde, weiß ich nicht. Genauso wenig wie ich weiß, ob ich die Griechisch-Klausur schreiben werde. Vor wenigen Monaten hatte ich einen ähnlichen Eintrag zu Hebräisch. Diese Klausur habe ich geschrieben und bestanden. Für welchen Preis?

Wer in Deutschland Theologie studiert, muss Latein, Hebräisch und Altgriechisch lernen. Als nebenberuflich Studierender muss man zumindest zwei der Sprachen lernen — eben Hebräisch und Griechisch. Mein Widerwille ist ungebrochen und ich werde darin jetzt nicht einsteigen. Ja, der Widerwille kostet Energie. Aber er ist nun mal da. Und genauso da ist mein Selbstwert und meine Selbstliebe. Und wer sich selbst liebt, der macht keinen Bullshit mit. Es sei denn, man will eben unbedingt Pfarrerin sein.

Will ich das?

Ich habe einen Pakt mit mir geschlossen. Der Pakt heißt: “Wait and see”. In wenigen Wochen bin ich schlauer. Dann kann alles Mögliche und Unmögliche geschehen. Ich bin bereit. Bis dahin gebe ich diesem Büchlein noch eine Chance. Mehr nicht. In meinem Kopf geht ständig der Buchtitel Fräulein Jacobs funktioniert nicht umher. Ich liebe das Buch. Ich hätte wetten können, ich habe darüber geschrieben — habe ich aber wohl nicht. Wahrscheinlich war das Buch zu nah an mir dran… Es war damals ein Befreiungsschlag. Es hat mir sehr geholfen, mich selbst besser zu verstehen. Ich konnte damals endlich begreifen, warum ich nicht mehr funktionieren konnte und wollte. Und doch hat sich mit diesem Studium wieder das alte Muster eingeschlichen. Leiste was, dann liebst Du Dich. Bestehe Hebräisch, dann bist Du Dir was wert.

Bullshit.

  1. Mut zur Lücke
Lahmer 4

Diese Einleitung könnte eigentlich ganz ermutigend sein. Man könnte meinen, man müsste ja nur halb so viele Tabellen auswendig lernen, wie man vorgestetzt bekommt. Am Ende des Tages ist das eine Lüge. Wenn man so viel Mut zur Lücke hat, reicht es am Ende nicht. Und wenn man faul und widerspenstig ist auch nicht. Und wenn man sich fragt, wozu man das lernen soll, dann kann man gleich den Deckel drauf machen.

Das Dumme ist, dass man sich als „schlechter Christ“ fühlt, wenn man sich einfach nicht dafür begeistert, was nun genau und wortwörtlich im Neuen Testament steht. Ich muss einfach sagen, es ist so. Mich interessieren Geschichten, sonst nichts. Mir ist es wurscht, ob einzelne Worte die Geschichte verändern. Jede Geschichte ist es wert, verstanden zu werden. Es gibt keine richtige und keine falsche. Alle Evangelien sind Mysterien. Nur irgendwelche Menschen haben sich eingebildet, dass das wahre Worte sind und darin Gott zu finden ist.

Diejenigen, denen Gott schon begegnet ist und die Gott in allem und jedem sehen,

die wissen, wie das einzuordnen ist.

Ob nun in Griechisch oder Deutsch,

wer sich einbildet, durch Altgriechisch Gott ein Stück näher zu kommen,

dem wünsche ich, dass er außer für Grammatik,

auch noch für alle menschlichen Erfahrungen offen ist.

Text und Welt gehen nur zusammen.

Und Gott kommt irgendwo zwischendrin ins Spiel,

wo man ihn nicht vermutet.

2. Zukunft

Lahmer 25

Als wir das Futur besprachen im Kurs, ging es ausnahmsweise mal schnell. Davon gibt es nicht viele Zeitformen im Altgriechischen. Ich dachte daran, wie ich in Afrika oft bei mir dachte, dass die Menschen dort damals kaum eine Vorstellung von „Zukunft“ hatten und auch heute an vielen Orten nicht haben. Das ist traurig. Der Dozent sagte: „Sprache ist Ausdruck des Denkens.“ Ja, eine Gesellschaft, die keine Zeitform für die Zukunft hat, kann diese auch nicht denken. Andersherum sprechen und leben viele von uns ständig in der Zukunft. Und dabei vergessen sie, dass sie in diesem Moment leben. Das ist mein Problem mit Griechisch. Ich will kein: „Ich mache das jetzt…, um später mal…“

Sollte ich es nur dieses eine Mal noch ertragen?

Was will Gott?

Ist Gott eine Ausrede

Für Eintscheidungsunfähigkeit?

Was heißt überhaupt „Entscheidung“ auf Griechisch?

Das hat mir wieder keiner beigebracht.

3. Kleine Wörter

Lahmer 50

Kleine Wörter waren mir noch nie sympathisch. In keiner der Sprachen, die ich gelernt habe. Das Problem ist, dass, wenn man die kleinen Wörter nicht kann, die Syntax nicht gelingt bzw. komplett abwesend ist. Das war in Hebräisch so. Wörter und Bedeutungen kann ich meist ganz toll. Nur Sätze kriege ich nicht zusammen. Und dann stören eben die kleinen Wörter. Ich weiß ja, dass sie der Schlüssel sind. Aber sie interessieren mich eben nicht. Im Prinzip weiß ich also, was ich diesmal richtig machen sollte. Und trotzdem tue ich es nicht — noch nicht.

Vielleicht kommt die Motivation noch,

vielleicht nicht.

Was auch immer sein wird,

es ist richtig so.

Reflexionsfragen

1) In welchen Schul- oder Studienfächern hattest Du am meisten Mut zur Lücke? Warum?

2) Denkst Du mehr über die Zukunft oder die Vergangenheit nach? Was gibt Dir das?

3) Welche Wortarten sind Dir beim Fremdsprachenlernen besonders leicht gefallen? Warum und in welcher Sprache?

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