# 380: BOOK OF THE WEEK — „Wer alles weiß, hat keine Ahnung“
Geschichte hinter der Buchauswahl
Dieses Buch ist zum Schreien — zum Schreien komisch. Es ist lange her, dass ich mich beim Lesen so kaputt gelacht habe. Das liegt nicht daran, dass es keine lustigen Bücher gibt. Es ist vielmehr so, dass ich es vergesse, öfter welche zu lesen; also lustige. Wie meine Leser wissen, habe ich es in diesem Blog hier mehr mit den „ernsten“ Themen. Dabei gibt es kein Thema — auch das schlimmste Drama nicht — das mit Lachen nicht einfacher zu ertragen wäre. Das ist eine gewagte Aussage, ich weiß. Ich sage ja auch nicht, dass die Dramen des Lebens zum Lachen sind. Aber Lachen ist quasi wie eine Impfung. Man wird trotzdem am Leid erkranken, aber es kann einen nicht umbringen.
Finde ich jedenfalls.
Ich habe noch nie ein Buch von Evers gelesen. Nach diesem hier werde ich sicher noch welche lesen. Dieses hier war ein Geschenk. Witzigerweise erkenne ich im Stil Evers auch die Freundin wieder, die es mir geschenkt hat. Das macht die Lektüre umso lustiger. Und die Geschichten sind wirklich kurzweilig. Aber wie bei jedem begnadeten Geschichtenerzähler sind es nicht die Inhalte, die einen zum Lachen und Nachdenken bringen, es sind die Worte und der Takt, die den besonderen Stil von Evers kennzeichnen. Ich habe im Grunde keine Bezeichnung für diesen Stil. Es ist ohnehin die größte Garantie, allen Spaß zu verlieren, wenn man sich in Bezeichnungen für Stilfragen verliert.
Also lassen wir das.
1. Taxifahrer
Schaut man sich die Arbeitsmarktstatistiken für Geisteswissenschaftler an, ist es um sie weniger schlecht bestimmt als diese Geschichte vermuten lassen mag. Aber wer weiß das schon? Nein, ich werde jetzt nicht mit der Leier “Geisteswissenschaftler braucht die Welt” anfangen. Das habe ich an anderer Stelle schon oft genug getan. Hier will ich einfach nur darauf hinweisen, wie wahnsinnig rührend ich die Schilderung des Taxi-Chefs finde.
„Seine Freude war aufrichtig.“
Genau diese Zeile ist es, die alles auf den Punkt bringt. Ja, es gibt Tausende dieser Menschen in unserem Land und allen anderen. Es sind die „self-made men“, die es ohne Doktortitel und sonstige Abschlüsse geschafft haben. Ja, sie hätten sich vielleicht etwas anderes gewünscht. Und, ja, sie werden x mal geflucht haben, warum sie es schwerer hatten als andere. Aber nein, man muss daran nicht verzagen. Und genau das ist es. Es ist einfach nur wunderbar, diese Geschichte mit diesen Worten in diesem Stil zu lesen und zu lächeln. Und genau das können Doktoren auch wieder, sobald sie einen Job haben. Sie fragen dann nämlich nicht mehr danach, welche Titel ihr Chef gesammelt hat, sofern er ihr Gehalt bezahlt.
Schade, dass nicht mehr Geisteswissenschaftler Taxiunternehmen gründen.
2. Sargträger
Man soll nicht über Tod und Särge scherzen, ich weiß. Trotzdem tut es Evers. Und ich tue es auch manchmal. Sogar oft, wenn ich auf dem Friedhof bin. Es gibt immer irgendetwas Lustiges, das einem auf- und einfallen kann. Vielleicht ist das nur bei Schreiberlingen so mit der blühenden Phantasie. Aber mir kann keiner erzählen, dass er bei einer Beerdigung nicht auch schon mal daran gedacht hat, was wohl passieren würde, wenn einer der Sargträger die Kiste fallen lassen würde oder mit in die Grube fiele.
Hier muss sich ja keiner outen.
Jedenfalls musste ich wieder Tränen lachen bei dem Kapitel. Das Wortspiel im Titel wird noch enthüllt im weiteren Verlauf der Mini-Geschichte. Das Wortspiel mit dem Sargträger bleibt noch mehr hängen. Jeder von uns kennt doch diese selbst gebauten Wortspiele, die irgendwo in einem bestimmten Dorf oder Freundeskreis ihren Ursprung nahmen. Meist sind es Wortspiele, die nur Insider verstehen. Bei einem Sargträger-Satz ist die Situation dahinter mit Sicherheit unvergesslich. Noch unvergesslicher ist aber, wie Evers es schafft, diese Bilder im Kopf so zu malen, dass sie mit so wenigen Worten hängen bleiben.
Den Sargträger-Story werde ich kaum vergessen.
3. Veganfreie Wurst
Stets wundere ich mich wenn ich Shampoo oder Tee kaufe, dass da neuerdings „vegan“ draufsteht. Vielleicht stand das da früher schon und ich habe es einfach nicht gesehen. Vielleicht ist es aber auch genau Teil des Trends, der oben beschrieben ist. Es ist absolut faszinierend, wie man sich als Mensch verarschen lassen kann. Besonders anrührend ist, wie es manche ehrliche Menschen noch lange versuchen, dem Drang, das auszunutzen, nicht nachzugeben. Aber es klappt einfach nicht. Die Beweise könnten wohl eindeutiger nicht sein. Die beiden exakt gleichen Würste in der Auslage verdeutlichen dies eingehend. Ich frage mich nur, wann der Trend sich umkehrt. Ich bin sicher, wir werden auch mal wieder das hier lesen:
“Fleischfreies Tofu.”
Alles kommt wieder.
Und dann wird Evers wieder darüber schreiben.
Hoffentlich.
Reflexionsfragen
1) Wenn Du lachen möchtest, was machst Du dann?
2) Findest Du, man darf über Särge und Beerdigungen Witze machen? Warum/nicht?
3) Wie findest Du das „veganfreie Wurst“ Beispiel?